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Endometriose - Gewebe auf Abwegen

Bei bis zu 30.000 Frauen wird pro Jahr die Krankheit Endometriose festgestellt. Was die Diagnose bedeutet und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, zeigen wir Ihnen hier auf.

„Wenn du immer Schmerzen hast, weißt du irgendwann nicht mehr, dass das nicht der Normalzustand ist“ – so beschreibt die heute 74-jährige Hollywood-Schauspielerin Susan Sarandon ihr Leben mit der chronischen Erkrankung Endometriose. Bei ihr wurde die Diagnose erst mit 40 Jahren gestellt, nachdem sie jahrzehntelang Unterleibskrämpfe, starke Blutungen und Schmerzen beim Sex ertragen hatte. Glücklicherweise ist das Bewusstsein für die lange Zeit wenig beachtete Krankheit inzwischen gewachsen – gerade, nachdem viele prominente Frauen, in Deutschland unter anderem auch Model Lilly Becker oder Sängerin Patricia Kelly, mit ihrem Leiden an die Öffentlichkeit gegangen sind.

„Verirrtes“ Gebärmuttergewebe

Der Begriff Endometriose leitet sich ab vom Endometrium, der Gebärmutterschleimhaut. Bei der Erkrankung, die nach Schätzungen etwa jede zehnte Frau betrifft, wächst Gewebe, das dem Aufbau der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutterhöhle. Dieses Gewebe kann sich dann beispielsweise an den Eierstöcken, im Bauchraum, im Becken, in der Scheide oder auch am Darm ansiedeln und gutartige Wucherungen bilden. Man spricht dabei von Endometrioseherden, die prinzipiell an jeder Stelle des Körpers wachsen können, in sehr seltenen Fällen sogar in der Lunge. Genau wie die eigentliche Gebärmutterschleimhaut baut sich das Endometriosegewebe außerhalb der Gebärmutter mit dem Monatszyklus periodisch auf und wieder ab und beginnt je nach Zyklusphase zu bluten. Es kann aber nicht vom Körper ausgeschieden werden, dadurch staut es sich und bildet auf Dauer entzündliches Gewebe in Form von Zysten und Knoten.

Die Symptome sind vielfältig: Vor allem starke Unterleibsschmerzen und Krämpfe während der Monatsblutung, manchmal aber auch zyklusunabhängig, Schmerzen beim Sex und beim Toilettengang werden beschrieben, ebenso Anfälligkeit für Infekte, Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit. Außerdem haben von Endometriose Betroffene häufiger Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Man geht davon aus, dass bis zu 50 Prozent aller ungewollt kinderlosen Frauen von der chronischen Erkrankung betroffen sind. Allerdings können die Wucherungen in manchen Fällen auch ein Leben lang völlig unbemerkt bleiben und keinerlei Probleme machen. 

Das Chamäleon unter den Krankheiten

Durch die teilweise unspezifischen Beschwerden und falsche Vorstellungen („Ist doch normal, dass man während der Monatsblutung Schmerzen hat“) dauert es laut Klinisch Wissenschaftlichem Endometriosezentrum Franken vom Auftreten erster Symptome bis zur Diagnosestellung häufig bis zu sieben Jahre. Man spricht wegen der unterschiedlichen Ausprägungen und Erscheinungsformen auch vom „Chamäleon der Gynäkologie“. Ein langer Leidensweg, wie ihn auch Schauspielerin Sarandon erlebte, ist also eher die Regel als die Ausnahme. Denn beim gynäkologischen Routinecheck samt Abstrich lässt sich die Krankheit nicht zuverlässig erkennen. Zwar finden sich manchmal beim Abtasten oder im Ultraschall erste Hinweise auf eine bestehende Endometriose. Wenn man nicht gezielt daraufhin untersucht, können die Verwachsungen aber auch leicht übersehen oder falsch interpretiert werden.

Obwohl die Ursachen der Krankheit noch nicht geklärt sind, kennt man inzwischen einige Risikofaktoren, die eine Entstehung wahrscheinlicher machen. Dazu zählen: eine frühe erste Regelblutung, Kinderlosigkeit, gehäufte Zwischenblutungen. Außerdem fallen Endometriosepatientinnen häufig durch ein niedriges Körpergewicht auf und in vielen Fällen sind nahe weibliche Verwandte ebenfalls betroffen, was auf eine erbliche Komponente hinweist. Zusätzlich scheint ein hoher Konsum von rotem Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) das Risiko zu erhöhen.

Ganzheitlich die Symptome lindern

Leider lässt sich eine Endometriose bisher nicht heilen. Daher steht eine Behandlung der Symptome im Vordergrund, um die Lebensqualität zu verbessern. Je nach Beschwerdebild ist es sinnvoll, gynäkologische, schmerztherapeutische und psychologische Ansätze zu kombinieren. In leichteren Fällen genügen häufig Schmerzmittel nach Bedarf. Bei vielen Frauen bringt auch die Einnahme der „Pille“ oder die Anwendung von Hormonpflastern eine deutliche Verbesserung mit sich, Endometrioseherde können sich dadurch verkleinern. Als besonders wirksam bei sehr starken Symptomen haben sich GnRH-Analoga erwiesen. Diese Medikamente versetzen die Betroffene für die Dauer der Einnahme sozusagen künstlich in die Wechseljahre, werden aber wegen der entsprechenden Nebenwirkungen wie Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen als letzte Option verschrieben.

Erweiterte Diagnosemöglichkeiten

Bestehen anhaltende Schmerzen, eingeschränkte Organfunktionen oder erfüllt sich ein Kinderwunsch nicht, kann eine Bauchspiegelung angezeigt sein. Bei diesem minimal-invasiven Eingriff wird unter Vollnarkose ein Untersuchungsinstrument mit einer winzigen Kamera in die Bauchhöhle eingeführt. So lassen sich Endometrioseherde zuverlässig orten und können gleich während des Eingriffs (z. B. durch Hochfrequenzstrom) zerstört werden, was die Beschwerden verringert und die Fruchtbarkeit erhöht. Zusätzlich zu den medikamentösen und operativen Möglichkeiten profitieren betroffene Frauen oft auch von einer begleitenden Psychotherapie oder alternativen Behandlungsmethoden wie Traditionelle Chinesische Medizin, Homöopathie oder Osteopathie.

Bildquelle: GettyImages RealPeopleGroup

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